Als die 'Hand' wieder einmal bedrohlich über dem Hohen Kasten wachte und ein aufkommender Gewittersturm im Begriffe war, das schwüle Rheintal zu besänftigen, waren die Festbänke auf dem Baggersee-Areal noch gut besucht. Es wurde gejasst, Pommes-frites mit Ketchup serviert und gemütlich geplaudert.

An einem der Tische sassen drei Kollegen beisammen und erzählten sich Geschichten. Der eine hatte von einem seiner Kollegen gehört, einem Polizisten, was es an kuriosen Geschichten aus dem Polizeiarchiv zu Altstätten zu berichten gab.
Er erzählte gerade von einem Protokolleintrag aus den Siebzigerjahren, in welchem festgehalten sei, dass nach einer Vermisstmeldung durch die Nachbarschaft ein pensionierter Dorfpfarrer im bis anhin nicht bekannt gewesenen, aufgeschlossenen Kellergeschoss des Kirchleins Hard in recht seltsamer Position von der Polizei entdeckt worden sei.
Etwas technisch formuliert sei auf gut Deutsch gestanden, dass dessen Hosen bis zu den Knien ausgezogen waren und der Pfarrer über eine Stange gebeugt mit seinen Händen an den Füssen festgebunden war, und dabei ein langes Haar, vermutlich demjenigen eines Pferdes, in seinem Allerwertesten stecken hatte. Etwas vor ihm sei ein Zettel gelegen mit einem Reimspruch, dessen Inhalt im Protokoll leider nicht erwähnt sei.
Der oder die Täter seien nie erwischt worden, zumal der Pfarrer derart geschockt gewesen sei, dass er kein Wort zu Protokoll habe geben können. Die Schnüre seien jedoch derart locker um die Gelenke gebunden gewesen, dass er es theoretisch auch selber hätte gewesen sein können.

Jaja, meinte ein Zweiter, die Kirche habe schon immer kurlige Ideen gehabt. Als nämlich einer einmal in einer Beichte gefragt habe, ob die Kirche auch gegen Schwangerschaftsabbrüche bei Spatzen sei, habe der Pfarrer in knappem, schneidendem Ton, aber deutlich verständlich mit Ja geantwortet. Dabei müssten sich die Kirchenleute vielleicht einmal fragen, ob Solches überhaupt realistisch ist. Es gebe zwar schon eine Menge arbeitsloser Doktoren, aber wer ausser der Kirche könnte das überhaupt bezahlen? Liberament!

Der Dritte wusste von anderen Vögeln zu berichten, wo sich altersschwache Seemöven dem kreisenden Adler näherten, manchmal möglicherweise, um sich ihm als Nahrung anzubieten.
Es könne nämlich vorkommen, dass das seltene Raubtier, welches die Annäherungen der Möven meistens gelassen dulde und manchmal kurz freundschaftlich mit ihnen spiele, sich plötzlich eines dieser frechen Viecher kralle und irgendwo im Meer draussen auf einem felsigen Inselchen verspeise.

Wortlos nickten die drei sich zu. Es begann zu regnen.


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